Der U-Turn als Deeskalationsstrategie
Viele Halter mit leinenreaktivem Hund kennen die Situation: Ein Fremdhund kommt an einer Engstelle entgegen oder taucht relativ plötzlich hinter einer Kurve auf. Der eigene Hund könnte jeden Moment aggressives Verhalten zeigen und ein weitläufiges Ausweichen oder Bogen gehen ist nicht (mehr) möglich.
Unabhängig vom aktuellen Trainingsstand muss oberste Priorität sein, unerwünschtes Verhalten zu vermeiden, damit es sich nicht festigt und weiter etabliert.
Welche Absicht hat ein Hund, der aus Angst oder negativer Verknüpfung heraus, aggressiv auf Fremdhunde reagiert?
Er möchte dringend eine Distanzvergrößerung zum Auslöser Hund erwirken. Wenn diese Absicht durch vorherige Beschwichtigungs- und Konfliktsignale keinen Erfolg hatte, wenn der Hund durch die Leine und dem Halter am Ausweichen gehindert wird, ist es nur allzu verständlich, dass er deutlicher werden muss, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Leider fällt die Distanzaufforderung den meisten Haltern erst auf, wenn der Hund bellt, knurrt und in die Leine springt etc.
Jede weitere negative Erfahrung festigt jetzt das aggressive Verhalten und bestärkt den Hund in seiner Emotion. Geht der andere Hund vorbei, während sich der eigene wild bellend gebärdet, so hat er mit dieser Strategie Erfolg. Durch aggressives Verhalten ist er den beängstigenden Auslöser los geworden. Diese Konsequenz wirkt sofort belohnend und verstärktes Verhalten zeigt sich generell heftiger und länger und wird immer wieder abgerufen.
Hunde zeigen wiederholt nur das Verhalten, das Erfolg bringt!
Eine sinnvolle Möglichkeit die Situation >entgegenkommender Hund< sinnvoll zu meistern, ist der sogenannte U-Turn. Der U-Turn ist ein auftrainierter, geordneter Rückzug – praktisch ein schneller Richtungswechsel. Ziel ist es, mit dem eigenen Hund auf Signal schnell umzudrehen und in positiver Stimmung gemeinsam in der neuen Richtung weiterlaufen, ohne an der Leine zu zerren!
Für ängstliche Hunde ist dieses Signal unerlässlich, um das Auftreten unerwünschter Angstreaktionen auch unter wenig kontrollierbaren Alltagsbedingungen zu verhindern!
Die Vorteile für ängstliche und erregte Hunde sind:
- Der Blickkontakt zum anderen Hund wird freiwillig unterbrochen
- Die Distanz zum Auslöser Hund wird vergrößert, OHNE dass der eigene Hund Abwehrverhalten zeigen muss
- Die emotionale Lage des Hundes wird positiv beeinflusst
- Unerwünschtes Verhalten wird verhindert oder im Ansatz unterbrochen
- Der Halter hat eine neue Strategie, seinen Hund schnell aus potenziell unangenehmen Situationen zu bringen, ohne an der Leine zu zerren
- Überforderung durch zu geringe Distanz wird vermieden
- Die Übung ist unerlässlich, um im Alltag keinen Trainingsrückschritt zu machen
- Der Hund lernt ein neues, positives Alternativverhalten
- Unerwünschtes Verhalten kann unterbrochen werden, ohne den Hund zu erschrecken oder zu bedrohen